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Feuchtigkeit gibts nur in der Luft und am frühen Morgen.
9. Tag / Dienstag, 3. April
Edenhope. Der Name ist Programm. Die riesige Kuhle, die sich hinter der Campside auftut, war mal ein See. Jetzt müsste man nicht mal Jesus sein, um drüberzulaufen. Steve und Eve, die Besitzer des Areals, kamen schon gestern Abend mit einem Gläschen Rotwein vorbei. Heute Morgen ist Steve am Werkeln (ein Australier auf dem Land ist offensichtlich ein wandelndes Tool, er kann alles) und Eve schaut nochmal auf einen Kaffee vorbei. „Interessantes Gefährt“, beginnt Eve. Ich überzeuge Sie von den Vorteilen des Offroaders mit Dachzelt. Und dann reden wir über Australien, die Trockenheit, Politik und die Gegend hier, die erst seit kurzem ihre Heimat ist.
Eve aus Edenhope
Seit zwei Jahren wohnt Eve mit ihrem Lebensgefährten Steve in Edenhope. Ans Wasser wollten sie, was auch gelang – vor zwei Jahren. Der See hinterm Haus ist inzwischen ausgetrocknet. Deswegen fängt man in Australien aber nicht an zu jammern. Das wird schon wieder, sagt Eve und wer sie lachen hört, der muss es einfach glauben.
Dann mal weiter
Die Australier sind auf eine herrlich unkomplizierte Weise kommunikativ. Ich bin zwar alleine unterwegs, aber alleine habe ich mich bisher noch nicht gefühlt.
Nach unserem Gespräch will ich erst noch mal schauen, ob ich in der Leih-Prärie (Library) eine Prärie leihen und ins Internet kann. Nada. Die machen erst um 14 Uhr auf. Na, dann mal weiter.
Die Landschaft zeigt inzwischen hin und wieder, zu welcher Monotonie sie imstande sein könnte. Wobei: Monotonie ist nicht der richtige Ausdruck. Es ist eher das riesige weite Land, das sich hier präsentiert. So richtig begreifen, um welche Dimensionen es sich hier handelt, kann ich aber wohl noch nicht.
Überholen scheint überholt
Die Städte, die im dicken Reiseatlas „Explore Australia“ (ein absolutes Muss für jeden Australienreisenden, der mit dem Auto unterwegs ist) angezeigt werden, sehen nach groß aus, sind aber fast nur Dörfer, manchmal nur das, was man bei uns Weiler nennt. Ich bin gespannt, wie sich Adelaide darstellt. Die Highways sind zweispurige Landstraßen, aber sehr übersichtlich. Warum mir Autos bei Tempo 80 folgen, ohne zu überholen – an Gelegenheit mangelt es nun wirklich nicht – ist mir noch ein Rätsel. Was mir allerdings auffällt: der Australier beschleunigt nicht, wie wir es tun. Entweder er überholt „langsam“ oder gar nicht. Interessant. Naja, es werden wieder ein paar Kilometer ohne besondere Vorkommnisse. Ich steuere den Campground in Beachport an.
Wieder am Meer
Zum ersten Mal sind die Leute auf der Campside irgendwie „komisch“. Nicht so offen, nicht so kontaktfreudig, irgendwie anders. Vielleicht ist es aber auch nur mein subjektiver Eindruck. Dafür ist der Platz sehr schön. Mit Blick aufs Meer. Aber ein ordentlicher Wind pfeift. Und kühl ist es. Sehr kühl. Fleece und Weste mit langen Hosen sind fast zu wenig. Ich habe mir ein 500g(!)-Steak geholt, dazu eine Monsterzwiebel. Mein Hunger ist ordentlich und ich habe beschlossen, heute Abend bei Tisch den Tyrannosaurus Rex zu geben. Das Fleisch ist klasse, saftig, und es ist mir richtig gut gelungen mit der bescheidenen Feldküche! Dafür waren die Möwen frech und aufdringlich. Rotzlöffel! Aber offensichtlich haben sie gelernt, dass das Wegräumen der Töpfe ihre Hoffnungen begräbt. Nicht nur die Hoffnung der Möven, auch der Himmel vedunkelt sich. Innerhalb von einer halben Stunde wechseln die Farben von tiefblau in tiefgrau. Da will man nicht länger draußen sitzen. Bevor ich ins Bett gehe, stelle ich den Wagen noch mal in den Wind. Vorher hatte er ordentlich gewackelt und der Wind hat irgendwie den Weg ins Zelt gefunden. In der Nacht wache ich immer wieder auf, ich habe Kreuzschmerzen. Gute Nacht, Dachzelt. Aber dann fällt mir ein: wieder nicht die Muskulatur gedehnt heute. Ich hab’s also offensichtlich nicht besser verdient.