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Petersberger Klimadialog

Die Klimawandlerin

„Nichtstun bedeutet nicht, dass nichts passiert. Sondern Nichtstun bedeutet, dass es uns insgesamt viel teurer kommt.“ Mit diesem Statement, das Angela Merkel am Montag ihren Zuhörern auf dem Petersberger Klimadialog wissen ließ, wird klar, dass die Rechnung für die nachfolgenden Generationen verdammt teuer wird. Denn auch die Bundesregierung hat beschlossen, nichts zu tun.

Abzuwarten sei „keine Option“, schob die Kanzlerin nach. Abwarten wäre aber noch nicht einmal das Schlimmste. Die „Klimakanzlerin“ (wer ihr auch immer in welchem Zustand diesen Titel verliehen hat) verliert kein Wort darüber, dass sie Deutschland auf EU-Ebene in Person von Wirtschaftsminister Rösler (FDP) die Einigung über den CO2-Handel boykottieren lässt. Sehr zur Freude der Energiekonzerne, die somit äußerst rentabel die Kohlekraftwerke auf Volllast fahren und gleichzeitig die wesentlich umweltfreundlicheren Gaskraftwerke abschalten können. Keine CO2-Abgabe stört die Bilanz.

Die Klimaforscher melden derweil, dass die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre einen neuen Höchststand erreicht hat. (In Deutschland stiegen die CO2-Emissionen dank anhaltendem Wirtschaftswachstum wieder um zwei Prozent.) Und somit steigt auch das Risiko unumkehrbarer Folgen für die Erdbevölkerung.

Dennoch kam Merkel zum Schluss, dass Europa Vorreiter im Klimaschutz sei, und innerhalb Europas ganz besonders Deutschland mit seiner Energiewende. Und: „Deutschland und Europa wollen auch künftig Vorreiter sein“, drohte Merkel weiter.

Wenn die Kanzlerin in psychotherapeutischer Behandlung wäre, könnte man angesichts dieses eklatanten Widerspruchs zwischen Wort und Tat von Ansätzen eines Borderline-Syndroms sprechen. Der Kanzlerin geht es aber deutlich besser als dem Klima.

Schuld am Klimadilemma seien eigentlich die anderen. Gegen die „geballte deutsche Wirtschaft“ sei die Reparatur des Emissionshandels eben nicht möglich, sagte sie am Montag. Diese fatale Aussage gleicht einem politischen Offenbarungseid. Die Bundeskanzlerin kapituliert vor der Wirtschaft. Richtlinienkompetenz war gestern.

Wie die Kanzlerin in dieser Frage aufs Tempo drücken will, ergibt sich durchaus auch aus ihrer weiteren Wortwahl. „Wir müssen uns jetzt sehr wohl überlegen, was wir Ende 2013 und Ende 2014 und Ende 2015 alles noch zu erledigen haben, damit wir wirklich das Ziel erreichen.“ (Diesen Satz bitte noch ein Mal lesen.)

Irgendjemand musste ihr noch aufgetragen haben, auf den Stern-Report (aus dem Jahr 2006!) zu kommen. Dort heißt es – einfach ausgedrückt – jetzt nicht handeln bedeutet, in der Zukunft richtig teuer zu bezahlen.

Da Norwegens Vertreter der Rede Merkels offensichtlich aufmerksam gefolgt ist, kann seine Nachfrage nur Spott bedeuten: „Verstehe ich Sie richtig, dass Sie und Ihre Regierung sich das Thema noch einmal anschauen und nach einer Lösung suchen werden? Wir brauchen die deutsche Führung an diesem Punkt.“ Ob Frau Merkel diesen Satz in seiner ganzen Tragweite verstanden hat, ist nicht überliefert. Jedenfalls fand sie umgehend zu ihrer angestammten Duktus zurück. „Ich glaube, dass wir spätestens im Herbst eine gute Chance haben, unsere deutschen Probleme zu klären“.

(Foto: Moritz Hager, Copyright by World Economic Forum)

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