Darwin
Bild oben:
Die Reste der Palmerston Town Hall. Der Zyklon Tracy hatte 1974 ganze Arbeit geleistet.
48. Tag / Samstag, 12. Mai
Das Auto lasse ich heute stehen. Direkt vor dem Campingplatz ist eine Bushaltestelle. Für 2 Dollar gibt es ein Dreistundenticket. Vorbildlich. Da kann sich Deutschland mal eine Scheibe von abschneiden. Für 2 Dollar drei Stunden durch die Gegend gurken: das ist einfach und bequem. Und es geht einmal mehr zu Fuß durch die Stadt. Der Akubra erfüllt zur absoluten Zufriedenheit seinen Job – die Sonne sticht wie ein ganzes Bienenhaus. Das mit dem Hunger auf’s größte Porterhouse-Steak haut nicht ganz hin. Es ist einfach zu heiß. Darwin schiebt mich noch mal in den Backofen. Nichtsdestotrotz laufe ich kreuz und quer durch die Stadt, durch die Straßen, durch die Parks, alles wirkt doch sehr übersichtlich. Es kommen einige Kilometer zusammen. Ich laufe meine Zeit ab – und sie tut es auch.
In der Stadt stoße ich auf die Überreste der Palmerston Town Hall. Der Zyklon Tracy hat zu Weihnachten 1974 über 70 Prozent der Gebäude in Darwin verwüstet. 71 Menschen starben, etwa 20.000 der rund 50.000 Einwohner wurden obdachlos. Eine australische Tageszeitung nannte den Sturm eine Katastrophe größten Ausmaßes, ohne Parallele in der Geschichte Australiens.
Darwin wurde an gleicher Stelle wieder aufgebaut. Aber es hat sein altes Gesicht verloren. Von dem ursprünglichen architektonischen Charakter der Stadt ist so gut wie nichts mehr geblieben. Vielleicht ist es genau das, was mich Darwin nicht unbedingt attraktiv erscheinen lässt. Es ist eine moderne Stadt, der man seine Geschichte nicht mehr ansieht.
Wet man walking
Gegen 16 Uhr hat es sich der Himmel anders überlegt und gibt noch eine kleine Zugabe aus der „wet season“. Und 10 Kilometer weiter auf dem Campingplatz steht eine Seite des Dachzeltes zu Lüftungszwecken offen. Na, dann mal nach Hause und die Lenzpumpen angeworfen.
Glück gehabt. Der Bus hat die Regenfront regelrecht überholt, was möglicherweise auch am Fahrstil des helldrivers liegt. Ich komme jedenfalls rechtzeitig im Trockenen an, um die Schotten dicht zu machen. Aber der Sorge war zu viel. Den Wolken ist die Munition ausgegangen und den nahenden blauen Himmel werte ich als Friedensangebot. Inzwischen immer noch ohne richtigen Hunger wähle ich das Survival-Menü. Was mache ich eigentlich noch heute Abend? Füße hoch am Pool und gegen neun in die gottseidank trockengebliebene Falle. Dabei wollte ich doch am Abend in der City um die Häuser ziehen. Aber es ist Samstag. Der letzte Bus geht irgendwann gegen 22 Uhr. Und bevor ich wie ein 16-Jähriger auf den Bus sprinte, dann lieber wie ein 80-Jähriger am Nachmittag zurück.
Again and again
Was ich aber noch erwähnen sollte: als ich in der Stadt vor der Regenandrohung zur Bushaltestelle marschiert bin, wer hat sich da wohl – von der anderen Seite kommend – dazu gesetzt? Die Antwort erübrigt sich fast: die O’Sullivans. Wir können es wohl alle drei nicht glauben, uns nicht mehr zu sehen, wenn ich mich am Sonntag Abend definitiv (!!!) verabschiede, weil ich tags darauf verdammt früh das Auto abgebe, den Papierkram erledige und anschließend zum Flughafen fahre. Aber sehr wahrscheinlich werde ich sie im Dunkeln überfahren, weil sie in dieser Nacht zum ersten Mal in ihrem Leben Schlafwandeln. Die O’Sullivans!
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