Bild oben:
Die Gegend um Kings Canyon.
28. Tag / Sonntag, 22. April
Gestern hatten wir einen herrlichen Blödel-Abend, aber wir waren noch ernst genug, uns für den heutigen Tag dem Kings Canyon zu verpflichten. Das heißt, es wird ein bisschen anstrengend. Denn, um von oben in den Canyon hineinzublicken, muss man erst nach oben. Die Felsformation, die man sieht, ist also sozusagen der Topf – und der Canyon sein Inhalt. Wer sich weniger anstrengen will, der bleibt unten, und durchläuft den Boden der Schlucht. Das kann man in einer Stunde erledigen.
Aufstieg aufs Plateau
Anne, Toni und ich wählen aber die anstrengendere Variante. Sie geht etwas über 6 Kilometer und beginnt mit einem steilen Anstieg – 300 Höhenmeter sind zurückzulegen -, den die Einheimischen Heartbreak Hill oder Heartattack Hill nennen, eben wegen dieses Anstiegs. Und in der Tat, bei ordentlicher Hitze heißt es: aufgepasst. Oben auf dem Plateau belohnt allerdings ein herrlicher Ausblick die Mühen. Auf dem Rücken des Massivs lassen wir uns Zeit und genießen jeden Ausblick.
Pflichtveranstaltung
Drei Stunden verbringen wir auf dem Plateau. Wenn ich mir überlege, dass ich die Tour eventuell gar nicht gemacht hätte, wenn Anne und Toni nicht gewesen wären.
Mein Gott, was hätte ich verpasst. Auch wer mit dem Auto unterwegs ist sollte immer daran denken, dass hin und wieder Laufen die bessere Variante ist. Was habe ich da wohl zu Beginn der West MacDonnell Ranges verpasst, als ich mir Gedanken darüber gemacht habe, warum es Menschen gibt, die hier wandern? Jetzt weiß ich’s.
Außen Fels, innen Wasser
Fantastisch. Ungefähr nach der Hälfte der Tour geht es über Treppen steil nach unten zu einem Wasserloch. Hier ist es immer feucht und hier haben sich auch einige in Australien seltene subtropische Pflanzen angesiedelt, zum Beispiel Palmfarne. Nicht umsonst wird dieser Ort „Garten Eden“ genannt.
Don’t mention the war
Den Abstieg lassen wir locker angehen. Gegen 13 Uhr sind wir wieder am Parkplatz. Anne und Toni schmeißen noch eine Runde Sandwiches und geben mir noch ein paar Tipps, wo ich eventuell langfahren könnte. Denn die beiden fahren sozusagen meine Tour in umgekehrter Richtung. Deshalb kann ich mich ebenfalls mit ein paar Auskünften revanchieren. Und zum Abschied versprechen sie, Ausschau nach dem von mir gesuchten Blidds Creek zu halten und mir ein Foto zu schicken, sofern sie den ominösen Ort finden sollten. Don’t mention the war! Ja, das war richtig lustig mit den beiden. Wir haben viel gelacht.
Richtung The Rock
Ich mache mich auf den Weg. Bis nach zum Uluru, dem Ayers Rock, sind es vielleicht noch rund 200 Kilometer. Gegen 16 Uhr steuere ich dann einen der rest areas an, durchfahren möchte ich nicht, die Tour auf dem Kings Canyon hat mich doch ein wenig ermüdet. Warum auch eilen? Die Rastplatz sieht ja auch ganz nett aus. Diese rest areas haben mit unseren Rastplätzen nicht allzu viel gemein. Sie sind (Gott sei Dank) kaum asphaltiert und haben fast immer eine Feuerstelle dabei. Und noch etwas fällt mir auf: bei den Feuerstellen liegt oft Holz. So, als hätte es jemand extra für den, der nachkommt, hingelegt. Später erfahre ich, dass es genau so ist. Ranger übernehmen diese Arbeit – und hin und wieder werden auch ein paar Touristen wie ich dazu beigetragen.
Das große Krabbeln
Also rauf auf den Parkplatz und ein stilles Eckchen suchen. Gerade aus dem Auto raus, ist auch schon Alarm. Ein Fliegenkollektiv ungeahnten Ausmaßes bereitet mir einen summenden Empfang. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen. Mit der Zeit sind es vielleicht 100 dieser kleinen Teufel, die mich drangsalieren.
Zum Glück habe ich mir in Coober Pedy dieses ziemlich bescheuert aussehende Fliegennetz für den Kopf gekauft. Ohne das Teil wäre an ein Bleiben gar nicht zu denken. Wer es noch nicht erlebt hat, wird es sich kaum vorstellen können. Ständig – und ständig heißt: zu jeder Sekunde – krabbelt eines dieser Tiere in Ohren, Nase Mund und Augen. Der Wahnsinn ist somit sicher. Mit dem Netz über Hut und Kopf ist es erträglich, aber Essen ist nicht. Ich muss zum Essen ins Auto! Unglaublich. So wie es aussieht, kann ich das Frühstück morgen vergessen. Inzwischen wird es dunkel, aber die Plage bleibt immer noch in meiner Nähe. Und, es sind ein paar Regentropfen gefallen, nachdem es heute den ganzen Tag über bewölkt war. Schätze, morgen früh haben wir wieder blauen Himmel.
Meine Güte, diese Fliegen. Wenn jetzt mit der Dämmerung auch noch die Moskitos dazukommen – sonst haben sie immer die Fliegen übergangslos abgelöst – na dann gute Nacht, Marie.
Views: 10