Bild oben:
Die Thermalquellen in Dalhousie Springs am frühen Morgen.
23. Tag / Dienstag, 17. April
In der Nacht haben Dingos geheult wie die Wölfe und ich habe geträumt, ich wäre einer von ihnen. Vielleicht das Unterbewusstsein. Sollen sich die Freudianer damit rumschlagen. Ich habe keine Erklärung für diesen Unsinn.
Am Morgen vorm Frühstück trifft man sich am Pool. Die einen kommen, die andern gehen. Es ist schon herrlich. Strahlend blauer Himmel, 39 Grad warmes Wasser und Kühlung gibt es dann an der frischen Luft. Die Schwalben sind auch schon da und geben ihr Bestes.
Trotzdem Aufbruch
Ein idealer Ort zum Entspannen, aber irgendwie finde ich keine Ruhe. Vielleicht habe ich Angst, die Zeit wird knapp und ich könnte etwas verpassen. Ich befasse mich aber nicht weiter damit, folge meinem inneren Antrieb und starte gegen halb 9 in Richtung Mount Dare. Dafür lasse ich mir für die Fahrt Zeit. Mit Tempo 60 durch wieder mehr sandige Landschaft, die Sonne im Rücken, frisch gewaschen – ich kann es kaum erwarten, wieder staubig zu werden. So soll es auch kommen.
Blidds Creek gesucht und Bloods Creek gefunden
Aber was sehen meine schwachen Augen auf der Landkarte? Ein kleiner Umweg von 15 Kilometern und ich kann annähernd einen „Creek“-Gag platzieren. Creeks sind (meist trockene) Wasserläufe, die als solche mit Schildern oder Tafeln gekennzeichnet sind. Also halte ich als Deutscher und Monty-Python’s-Verehrer nach allen Seiten die Augen offen – nach einem Blidds-Creek. Auch wenn ich keinen hundertprozentigen Erfolg haben sollte, den „Bloods-Creek“ kann mir niemand mehr streitig machen.
Ausreichend Sprit?
Die Fahrt nach Mount Dare gefällt mir landschaftlich und wie so oft mache ich natürlich wieder meine berüchtigten WS-Bilder – Bilder durch die Windschutzscheibe. Mit Mount Dare selbst kann ich nichts anfangen. Es sieht dort eher aus wie an einer unaufgeräumten Tankstelle, zumal noch die ganze Zeit ein Generator eiert. Und der Sprit kostet hier 1.77 A$, Grund genug, mich über meinen zweiten 90-Liter-Tank zu freuen und den „Substitute-Knopf“ zu drücken. Auch wenn ich ein paar Kilometer weiter daran erinnert werde, dass es die nächste Tankstelle erst wieder in Alice Springs gibt. Dorthin sind es noch 421 Kilometer.
Welcome
Rund 200 Kilometer nach Oodnadatta überquere ich die Grenze von Südaustralien ins Northern Territory. Warum man hier überhaupt einen Zaun hingestellt hat, ist mir ein Rätsel. Weit und breit nicht die Spur von Leben, aber ein Grenzzaun, wenn auch zu Recht in schäbigem Zustand. Ich steige aus, lasse mich von einem freundlichen Schild begrüßen – und stelle keinen landschaftlichen Unterschied fest. Im wirklich sehr informativen und nützlichen Reiseatlas „Explore Ausralia“ bestimme ich meine Position und stelle fest, dass ich hier ziemlich mitten im Nowhere bin. Na dann. Finke ist so ein Punkt, der bewohnt sein könnte. Dorthin sind es vielleicht noch 100 Kilometer.
Finke
Aha, das ist also Finke. Schön. Nur, dass es hier ziemlich öde ist. Die Siedlung an der alten Ghan-Strecke wirkt verwahrlost und ist jetzt Aboriginie-Community. So steht es jedenfalls auf einem Schild. Ich weiß aber nicht, ob die Menschen hier so leben wollen, sie nicht (mehr?) anders können oder ob man sie sich selbst überlässt. Ich sehe niemanden, den ich fragen könnte. Dann will ich auch nicht bleiben.
Ich fahre weiter bis nach 300 Metern eine Abzweigung kommt, aber kein Schild. Ich drehe eine Runde, fahre 1 Kilometer in die eine Richtung, um mich dann doch für die andere zu entscheiden. Ich bin nicht sicher, ob ich richtig bin, und der Sand ist ziemlich tief. Was tun? Laut Karte muss spätestens nach 45 Kilometer ein „point of interest“ kommen. Wenn nicht, weiß ich Bescheid, dass es die falsche Entscheidung war. Der POI kommt.
Bundooma
Es ist Bundooma Siding, eine alte Bahnstation mit einem verrosteten Wassertank für die früheren Dampfloks. Pause mit Orangen. Genau, die aus dem Barossa Valley. Sie haben es jetzt sogar bis ins Northern Territory geschafft. Schön süß sind sie und saftig. Noch ein bisschen die Beine vertreten und dann weiter. Es soll ein heißer Ritt werden.
Auf dem Pionierspfad
Manche Abschnitte auf der rauen Piste sind richtig heikel. Treibsandähnliche Zustände lassen die Kiste schwimmen wie auf Öl, Dips (Senken) , auf die als solche – wie sonst oft üblich – nicht angezeigt werden. Bis man merkt, dass es richtige Löcher sind, die man gar nicht übersehen kann, aber erst sehr spät sieht. Und dann geht es direkt auf der alten Bahnlinie (Adelaide – Alice Springs), dem Old Ghan Heritage Trail weiter. Die alten Schwellen liegen zu weiten Strecken immer noch. Ich behalte die zwei Finger dicken, verrosteten Schwellennägel im Auge, die in Massen auf dem Track liegen. So ein Ding kann Dir bei festem Untergrund den Reifen zum Platzen bringen. Und seit 7 Stunden habe ich unterwegs niemanden getroffen. Harte Querrinnen und alte Schwellen machen den Weg zur Marterstrecke. Das hier unter meinen Füßen haben Pioniere geschaffen. Und jetzt bin ich auf ihren Spuren unterwegs – aber trotz allem Gerüttel zu wesentlich besseren Bedingungen.
Wieder komfortabler
Tempo 30, mehr ist nicht. Fast wie eine moderne städtische Verkehrsmaßnahme. Gegen halb fünf kommt aber Land in Sicht. Ich biege auf die „Hauptstraße“ nach Alice Springs ein. Ahhh, wesentlich bequemer. Die Straße ist in einem sehr guten Zustand, ich kann auf 60 – 70 Sachen „aufdrehen.“ Aber plötzlich tun sich Regenabflussrinnen auf, die so tief sind wie der Grand Canyon. Wenn Du da mit 80 reinsemmelst, bist Du die Vorderachse los. Zwei, drei Mal musste ich ordentlich in die Eisen steigen. Glück gehabt. Bis Alice Springs sind es noch 80 Kilometer, auf der Hema-Karte sehe ich aber eine Campingmöglichkeit in der Nähe, in Oak-Valley.
Oak Valley
Ich bin der einzige vor Ort. Nach einer Viertelstunde kommt Craig im Pickup angetuckert. Er pflanzt und gießt Blumen, damit es bunter werden möge, wie er sagt. Gründe dafür gibt es reichlich. Ich biete ihm ein Bier an und wir unterhalten uns. Craig ist ein half-cast, ein Aborigine-Halbblut. Der Großvater väterlicherseits war Waliser. Morgen wollen wir weiterreden. Jetzt gehe ich noch duschen und erlebe eine kleine Überraschung am Duschvorhang. „Outback-Psycho“. Und Abends noch das inzwischen obligatorische Lagerfeuer.
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